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Jeder Kirchenkreis ist ein Unikat - Ein Interview mit Präses Manfred Rekowski

Präses Manfred Rekowski (© EKiR)

Bad Kreuznach.  Am 30. und 31. August 2019 fand die Visite des Kirchenkreises An Nahe und Glan durch die Evangelische Kirche im Rheinland statt. Die Kirchenleitung unter Vorsitz von Präses Manfred Rekowski machte sich vor Ort ein Bild der kirchlichen Arbeit. Mit ihm sprach Peter Dietz.

Präses Rekowski, welchen Eindruck haben Sie nach der Visite vom Evangelischen Kirchenkreis An Nahe und Glan?

Rekowski: Es war natürlich so, dass wir in der Kürze der Zeit nur einen gewissen Einblick in Teile des Kirchkreises gewonnen haben. Und, das kann ich für die ganze Kirchenleitung sagen, dass wir schon beeindruckt sind, wie unter nicht ganz einfachen Bedingungen im ländlichen Raum, mit großen Entfernungen, die Gemeinden ihren Glauben leben und wie engagiert sie mit den schwierigen Zukunftsfragen umgehen, ob das die Gebäude sind oder ob das die zukünftige pastorale Versorgung ist. Zu sehen, dass der Kreissynodalvorstand aber auch die Kirchengemeinden ihren Beitrag dazu leisten, dass diese Fragen angepackt werden, das war in der Tat beeindruckend.

Was genau hat die Kirchenleitung denn besonders beeindruckt?

Rekowski: Wir haben gemerkt, dass die Gebäudefragen eine große Rolle spielen, die Frage der zukünftigen pastoralen Versorgung und dass auf der Ebene des Kirchenkreises wichtige Entscheidungen als Weichenstellungen für die Zukunft angepackt werden müssen. Gut gefallen hat uns, dass der Kreissynodalvorstand nicht ausweicht, sondern sich diesen Aufgaben stellt. 

Gibt es Besonderheiten im Vergleich zu anderen Kirchenkreisen?

Rekowski: Also man kann ja generell sagen: jeder Kirchenkreis ist ein Unikat. Hier ist vielleicht ein Punkt besonders zu nennen, ich war ja Pfarrer in Wuppertal, wo der Kirchenkreis eine Ausdehnung von 23 Kilometern hat. Hier haben wir eine Gemeinde gesehen, die einen Durchmesser von 27 Kilometern hat, von Nord nach Süd. Da merkt man schon, dass im ländlichen Raum viele Dinge anders sind, die Verkehrssituation, wie mobil die Menschen sind. Die spezifischen Probleme des ländlichen Raumes habe ich noch einmal wahrgenommen und es ist wichtig, dass die Kirchenleitung, die ja in Düsseldorf tagt, die Situation vor Ort gut kennt.

Eine Besonderheit ist auch, dass es hier nicht so wie sonst, die Diakonie des Kirchenkreises gibt. Es ist schon sehr besonders, dass die kreuznacher diakonie seit sehr, sehr vielen Jahrzehnten ein großer Anbieter ist, mit vielfältigen diakonischen Angeboten. Das ist schon eine Besonderheit hier in diesem Kirchenkreis, mit all den Fragen, die sich damit verbinden. 

Was muss nach Ihrer Meinung noch intensiver betrachtet werden?

Rekowski: Da möchte ich zwei Dinge nennen. Zuerst: Wie werden die seelsorglichen und gottesdienstlichen Angebote für Menschen aufrecht erhalten, wenn die Zahl der hauptamtlichen Pfarrerinnen und Pfarrer sich reduzieren wird? Das ist eine Zukunftsaufgabe, die wir haben, wo wir uns auch als Kirchenleitung sicherlich nochmal intensiver bemühen werden. Wir müssen auch den Erfahrungsaustausch zwischen den Kirchenkreisen organisieren, da sind ja viele schon unterwegs. Das Zweite, was ich nennen möchte, ist, dass ein Kirchenkreis mit Gemeinden, die so viele Kirchengebäude haben, in so vielen einzelnen Dörfern, vor der Frage steht, welche Gebäude man dauerhaft erhalten kann. Da wird es auch schwierige Entscheidungen geben, die man in den nächsten Jahren treffen muss. Das ist in der Regel überall so, im städtischen Bereich, aber sicher auch hier in diesem Kirchenkreis. 

An welchen Themen sollte der Kirchenkreis unbedingt dranbleiben und intensiv weiterarbeiten?

Rekowski: Ich will einmal zwei Punkte nennen. Wie mit vergleichsweise wenig Personal im Bereich der Kirchenmusik die 81 Gottesdienststätten bespielt werden, wie das phantasievoll und kreativ organisiert wird, wie man auch in ökumenisch guter Zusammenarbeit manches auf den Weg bringt, das ist schon beeindruckend. Ich glaube auch, dass davon andere Kirchenkreise lernen können. Aber ich fand auch beeindruckend, dass man in Bad Kreuznach selber, wo ja ein großer Anteil der Bevölkerung über 70 Jahre alt ist, dass man sich dort mit großer Kreativität bemüht, Seniorenarbeit weiter zu entwickeln. Denn viele Senioren tragen  ja die Gemeinden. Ich finde es Klasse, dass in der Gemeinde Bad Kreuznach gesagt wird, in welchem Kontext leben wir, 26% sind über 70 Jahre alt, dann müssen wir uns auch mit dieser Zielgruppe intensiv beschäftigen. Dann muss man auch in der Seniorenarbeit neue Wege gehen. Und wie phantasievoll und kreativ man dann überall in ganz Deutschland nach neuen Modellen von Seniorenarbeit gesucht hat, das fand ich schon echt krass. 

Was war Ihr ganz persönliches Highlight während des Besuches?

Rekowski: Gut gelungen fand ich die gemeinsame Andacht von Kirchenleitung und Kreissynodalvorstand in der Pauluskapelle in Bad Kreuznach. Die Andacht wurde von der Assessorin und der Superintendentin geleitet. Es war eine ausgesprochen anregende und nachdenkliche Andacht, die zu dem Kontext der Visite gut passte, mit sehr schöner Orgelmusik. Solche Auszeiten kann ich besonders gut genießen. Das hat mich sehr erfreut und war für mich ein Highlight. Da war ein Stück lebendiger, gelebter Glaube wahrzunehmen und dass man eben auch merkt, wir sind zwar „unterschiedliche Hierarchie-Ebenen“, aber sind doch letztlich Geschwister. Es war eine Auszeit, die ein Geschenk war. 

Welches Fazit ziehen Sie nach der Visite?

Rekowski: Wir haben den Kreissynodalvorstand ausdrücklich gelobt, wie er seine Leitungsaufgaben wahrnimmt, wie er die Zukunftsfragen anpackt und haben ihn darin gestärkt, diese Führungsaufgabe, die ein Leitungsorgan hat, wahrzunehmen auch und gerade bei den schwierigen Prioritätendiskussionen. Das sehen sowohl der Kreissynodalvorstand als auch die Kirchenleitung so. 

Das Interview führte Pastor Peter Dietz, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit des Evangelischen Kirchenkreises An Nahe und Glan.