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Christen müssen auch heute wachsam sein und ihre Stimme erheben - Gedenkfeier für Paul Schneider in Dickenschied – Superintendent Hans-Joachim Hermes: Seine Botschaft ist weiter aktuell

Die drei noch lebenden Kindern des "Predigers von Buchenwald" (Eva-Maria Vorster, Paul-Hermann Schneider und Karl-Adolf Schneider) mit Superintendent Hans-Joachim Hermes und dem Dickenschieder Pfarrer Dietrich Benninghaus

Dickenschied. Christen müssten auch heute wachsam sein und ihre Stimmen erheben, wenn Geschöpfe Gottes missachtet würden, wenn das eigene Leben mit Zäunen und Mauern gesichert werden müsse gegen die, die sich nach dem Leben sehnen und wenn christlicher Glaube und christliche Tradition missbraucht würden zur Legitimation von Macht und der Ausgrenzung anderer. Dies sei ein Vermächtnis von Pfarrer Paul Schneider, betonte der Simmern-Trarbacher Superintendent Hans-Joachim Hermes bei der Gedenkfeier in Dickenschied zum 79. Jahrestag der Ermordung des „Predigers von Buchenwald“. 

Paul Schneider sei ein „Prediger des einen Gottes“ gewesen, eines Gottes, dem man im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen habe. „Darum wandte sich Pfarrer Schneider gegen andere Heilsbringer, andere Fundamente und Wahrheiten“, unterstrich Superintendent Hermes. Ob es um die Kirchenzucht in Womrath gegen örtliche Nationalsozialisten ging, um den Hitlergruß im Konfirmandenunterricht oder die Verkündung des Auferstandenen am Grab eines Hitlerjungen oder aus der Zelle im KZ Buchenwald. „So hart die Worte von Paul Schneider manchmal waren, so sehr ging es ihm um Buße, um Einsicht, um Umkehr“, so Hermes. Und darum habe der Dickenschieder Pfarrer den Anspruch Gottes „auf unser ganzes Leben“ verkündigt. 

Und diese Botschaft sei geblieben, auch in der heutigen Zeit. „Die Verkündigung des einen, des gnädigen und gütigen Gottes, der aber auch Anspruch auf unser ganzes Leben hat“, machte der Superintendent in Dickenschied deutlich. „Und darum gilt es auch heute, wachsam zu sein gegenüber den anderen Mächten, die Ansprüche an unser Leben stellen, die sich anmaßen, Richtmaß zu sein für unser Handeln im privaten wie im politischen Bereich“, betonte Hermes nachdrücklich. 

„Wir sind hier in dem Bewusstsein, dass die Zeit damals eine andere war als heute“, meinte Hans-Joachim Hermes. Deshalb könne man auch nicht einfach sagen: Gehe hin und tue desgleichen. „Was wir aber tun können, ist: Hören auf das Wort des einen Gottes. Lernen aus der Geschichte, auch aus dem Leben von Paul Schneider. Und wachsam sein in unserer Zeit“, machte der Superintendent deutlich.

Gott habe den Menschen mit Wert und Würde beschenkt, darauf dürfe man stolz sein. „Wenn daraus aber ein ,ich zuerst´ oder ,wir zuerst´ wird, dann ist das ein Missbrauch der uns unverdient zugekommenen Gnade Gottes“, warnte der Superintendent. Denn die Gnade Gottes gelte allen Menschen. Darum dürfe es auch nicht hingenommen werden, wenn der Begriff von der christlich-abendländischen Kultur zum Abschotten und zur Sicherung des eigenen Lebensstils missbraucht werde. „Wenn wir von christlich reden, dann reden wir von dem einen Gott und seinem Sohn Jesus Christus. Dann ist auch für uns ein Herzensanliegen das Ringen Gottes um seine Geschöpfe“, mahnte Hans-Joachim Hermes. Und da stünden die Christen heute, auch wenn die Zeiten völlig anders seien, in der Tradition mit Paul Schneider und vielen anderen treuen Zeugen des einen Gottes.

Rund 60 Menschen waren zu der Gedenkfeier auf den Friedhof von Dickenschied gekommen, darunter auch die drei noch lebenden Kinder von Paul Schneider, ebenso das Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland, Marion Unger (Staudernheim), der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Südwest, Pastor Dr. Jochen Wagner (Kirchberg), sowie die beiden ehemaligen Simmern-Trarbacher Superintendenten Winfried Oberlinger und Horst Hörpel. Musikalisch umrahmt wurde die Feier vom Musikverein Dickenscbied, der 1965 die erste Gedenkfeier für Paul Schneider mit initiierte. 

Paul Schneider war einer der ersten Pfarrer aus der „Bekennenden Kirche“, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Wegen seiner konsequenten Ablehnung der Nazi-Diktatur war er mehrfach festgenommen wurden, 1937 kam er in das KZ Buchenwald bei Weimar. Auch hier hatte er gepredigt und den Mitgefangenen aus der Zelle heraus als „Prediger von Buchenwald“ das Evangelium verkündet Am 18. Juli 1939 wurde er mit einer Überdosis Strophanthin ermordet und einige Tage später in Dickenschied unter großer Beteiligung aus der Bekennenden Kirche beigesetzt. 

Dieter Junker