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Paul Schneider als Pate der neuen Gemeinde - Fusion von Bad Sobernheim und Staudernheim Anfang 2022

Am einstigen Mittelpunkt des Dorfes Pferdsfeld erinnert eine Stele an Paul Schneider, dem „Prediger von Buchenwald“.

Paul Schneider wird Namensgeber einer neuen evangelischen Kirchengemeinde. Das Foto zeigt ihn mit seiner Frau Margarete sowie den Kindern Gerhard (auf dem Arm seiner Mutter), (vorne von links) Dietrich, Paul-Hermann und Eva Maria. (Fotos: Marion Unger)

Bad Sobernheim/Staudernheim. Paul-Schneider-Gemeinde – so soll die neue evangelische Kirchengemeinde heißen, die nach der Fusion von Bad Sobernheim und Staudernheim zum 1. Januar 2022 aus der Taufe gehoben wird. Die Presbyterien der beiden Kirchengemeinden entschlossen sich, den in Pferdsfeld geborenen und 1939 im KZ Buchenwald ermordeten Pfarrer als Namensgeber auszuwählen. 

„Die Presbyterien haben sich mit großer Mehrheit für einen Namen entschieden, der ein starkes Stück regionaler Kirchengeschichte wachhält“, erklärt Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel. „Sein Wirken im kirchlichen Widerstand der Nazi-Zeit ist in unserer Gegend weit bekannt und hat darüber hinaus einen weltweiten – auch ökumenischen – Ruf.“ Mit dieser Wahl schlagen die Kirchengemeinden auch eine Brücke zum ehemaligen Dorf Pferdsfeld, das in unmittelbarer Nachbarschaft des Nato-Militärflugplatzes in den 1970er Jahren dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das Terrain gehört jetzt zur Gemarkung Bad Sobernheim. 

An Paul Schneider erinnert heute eine Stele am Röhrenbrunnen, dem einstigen Ortsmittelpunkt. Sie zeigt auf vier Tafeln Ausschnitte aus dem Leben und Wirken des „Predigers von Buchenwald“. Er wurde 1897 im Pferdsfelder Pfarrhaus geboren und hielt dort später als Pfarrer selbst eine Probepredigt. Die Liebe zur Natur und zum dörflichen Leben prägten ihn von Kindheit auf. Er arbeitete als Pfarrer in Hochelheim bei Wetzlar und von 1934 an in Dickenschied und Womrath auf dem Hunsrück. Paul Schneider wandte sich als Mitglied der Bekennenden Kirche gegen Eingriffe von Partei und Staat in die evangelische Kirche und deren Unterwanderung durch regimetreue „Deutsche Christen“. Mit 41 Jahren wurde er 1939 im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar ermordet.

Nach Meinung von Pfarrer Christian Wenzel kommt es nun darauf an, dass die Namensgebung mit konkreten, in der Gemeinde erfahrbaren Inhalten gefüllt wird. Dazu ist eine Reihe von Veranstaltungen geplant. „Es ist zu fragen, welche Rolle Paul Schneider in der Bekennenden Kirche und im Zusammenhang mit dem Verwaltungsapparat der Landeskirche, vor allem dem damaligen Konsistorium in Koblenz, gespielt hat“, erläutert Wenzel. Auch die verschiedenen Überlieferungen aus Pferdsfeld und Eckweiler von Ereignissen damals und nach dem Krieg sollen ins Bewusstsein gerückt werden. 

Nach Recherchen im Vorfeld der Gemeindefusion gibt es im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland bisher noch keine Paul-Schneider-Gemeinde und in der Evangelischen Kirche in Deutschland nur eine in Berlin-Steglitz. Allerdings tragen zahlreiche Gemeindehäuser, Schulen und Straßen seinen Namen, in unserer Region auch ein Gymnasium der rheinischen Kirche in Meisenheim. Mit Bad Sobernheim ist der Name Paul Schneider fest verbunden, besonders im Leinenborn, der neuen Heimat vieler aus Pferdsfeld umgesiedelten Menschen. 

Einen deutlichen Auftrag sieht Pfarrer Ralf Anacker aus Staudernheim in der Namensgebung der neuen Gemeinde. Er erinnert an Dietrich Bonhoeffer, der in Paul Schneider den ersten Märtyrer der Bekennenden Kirche sah. „Er hat sich dem Auftrag Gottes für sein Leben gestellt und dem Allmachtsanspruch der Nationalsozialisten Widerstand geleistet“, erläutert Anacker. „Mit der Namenswahl verpflichtet sich die neue Kirchengemeinde zugleich auf ein prophetisch-politisches Profil“, fügt Ulrike Scholtheis-Wenzel hinzu. Paul Schneider sei einem biblischen Leitspruch aus der Apostelgeschichte gefolgt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Dieser gelte überall, wo Menschenrechte heute missachtet würden. Sie betont: „Eine Paul-Schneider-Gemeinde sollte darum klar Stellung beziehen gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus.“

10.02.2021 - Marion Unger