Nachrichten

In der Corona-Krise immer mehr Anrufe - Jahresstatistik 2019 der Telefonseelsorge Nahe-Hunsrück – Thema Einsamkeit gewinnt an Bedeutung

Ingrid Gerhard (Mitte) sammelte anlässlich ihres 80. Geburtstages Geld für die Telefonseelsorge Nahe-Hunsrück. Jetzt übergab sie einen Spendenscheck an die evangelische und die katholische Leiterinnen, Susanne Schmidt (links) und Joanna Wyrchowy. Foto: TS Nahe-Hunsrück

Bad Kreuznach. In der Corona-Krise gewinnt das Angebot der Telefonseelsorge (TS) zunehmend an Bedeutung. Fehlender sozialer Austausch wirkt sich bei fast allen Menschen negativ auf das psychische Wohlbefinden und die seelische Gesundheit aus, heißt es. Ein Gespräch mit der TS könne Entlastung bieten. Und tatsächlich ist die Zahl der Anrufe bundesweit deutlich in die Höhe geschnellt.

Aber auch ohne Corona ist die Zahl der Anrufe beträchtlich: 7523 waren es im vergangenen Jahr, wie die Statistik der Telefonseelsorge Nahe-Hunsrück mit Sitz in Bad Kreuznach zeigt.

Themenschwerpunkt war häufig das körperliche Befinden, zunehmend rückt aber auch Einsamkeit in den Mittelpunkt der Gespräche. Der Anteil der Anrufenden, die an einer diagnostizierten psychischen Erkrankung leiden, lag bei 31 Prozent. Oftmals ging es um eine depressive Stimmung oder Ängste. In neun Prozent der Gespräche wurden Suizidgedanken geäußert.

54 Ehrenamtliche (18 Männer, 36 Frauen) waren seitens der TS im Einsatz, einige von ihnen bereits seit mehr als 20 Jahren!

Die Telefonseelsorge ist eine ökumenische Einrichtung in der gemeinsamen Trägerschaft des evangelischen Kirchenkreises An Nahe und Glan sowie dem Bistum Trier. Das Einzugsgebiet umfasst den Landkreis Bad Kreuznach sowie große Teile der Kreise Rhein-Hunsrück und Birkenfeld und im Osten auch auf Teile des Kreises Alzey.

Der Dienst am Telefon wird selbstständig von den Ehrenamtlichen in den Räumen der Dienststelle geführt. Er wird durch regelmäßige Supervisionen und Fortbildungen begleitet. Diese dienen zum einen der Auseinandersetzung mit verstärkt oder neu aufkommenden Themen am Telefon, zum anderen der Vertiefung von bereits bekannten Inhalten. Das Fortbildungsangebot wird von den Ehrenamtlichen gerne wahrgenommen, da es als Wissenszuwachs und Kompetenzerweiterung als äußerst gewinnbringend empfunden wird.

Zudem gibt es jedes Jahr eine Vollversammlung und eine Weihnachtsfeier, sodass auch der Gemeinschaftssinn gefördert wird.

Großer persönlicher Einsatz

Die Ehrenamtlichen der TS Nahe-Hunsrück kommen aus dem gesamten Einzugsgebiet und nehmen zum Teil eine weite Anfahrt in Kauf, um die Tätigkeit auszuüben. Ohne ihren großen persönlichen Einsatz wäre diese Arbeit gar nicht denkbar.

Voraussetzung für die Mitarbeit ist eine intensive, etwa einjährige Ausbildung, die für die Auszubildenden kostenfrei ist. Nach Abschluss der Ausbildung werden die Gespräche am Telefon eigenständig geführt.

Die Telefonseelsorge ermöglicht Menschen, unabhängig von Ort und Zeit ein offenes Ohr zu finden. Sich dabei Tag und Nacht für Krisengespräche bereit zu halten stellt einen hohen Anspruch an das Ehrenamt dar. Es bedarf der Spontanität und Flexibilität sich der Vielfalt der Themen, die zu Beginn ungewiss sind, zu stellen. Es erfordert ein hohes Maß an Empathie, Leid hören und Sorgen mittragen zu können. Für die Anrufer wird die Telefonseelsorge zu einem Ort des Vertrauens und der Wertschätzung.

Die Telefonseelsorge ist unter den bundesweit einheitlichen, kostenfreien Nummern 0800-1110111 und 0800-1110222 erreichbar. Rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen. Alle Anrufe werden anonym behandelt. Die Ratsuchenden müssen nicht ihre Namen nennen, ihre Telefonnummer ist nicht auf dem Display zu sehen und taucht auch nicht im Einzelverbindungsnachweis der Telefonrechnung auf. Aber auch die Identität der Ehrenamtlichen bleibt verborgen.

Weitere Infos: www.telefonseelsorge-nahe-hunsrueck.de

14.04.2020 - J. Brantzen